Ein Haus für Sammler
wer die Geschichte der Philatelie studiert, wird wissen, dass es der Traum früherer Sammler war, für ihre beliebte Freizeitbeschäftigung eine Herberge zu schaffen, die Zentrum und Begegnungsstätte zugleich sein soll. Wie so häufig führen die ersten Wurzeln wohl auch hier zu (Dr.) Alfred Moschkau, der sich schon 1879 mit dem von ihm im gleichen Jahr gegründeten Museum in Oybin ein Denkmal setzte. Hier zeigte er seine heimatgeschichtlichen Sammlungen, aber auch Exponate (z. B. philatelistisch-historische Dokumentationen zum Deutsch-Französisch Krieg 1870/71), die er 1883 in dem ihm zugesprochenen Museum auf dem Berg Oybin, einem ehemaligen Kloster-Refektorium, ab dem 11. Juni 1883 ausstellte. Dies war vor 115 Jahren und damals wurde nicht nur die Idee geboren, ein „Haus der Philatelie“ zu begründen, sondern auch der Typ der postgeschichtlichen Sammlung, der später bei Sammlern und Forschern große Beliebtheit und Bedeutung gewinnen sollte.
Fortan waren Vorhaben dieser Art aber mehr in die Belange privater Sammler und ihrer (begrenzten) Möglichkeiten gestellt, sieht man einmal von dem seinerzeit weit vorausschauenden Genie eines Heinrich von Stephan ab, der mit der Gründung des Reichspostmuseums und der Bewahrung postgeschichtlich bedeutsamen Gedankengutes und Material dazu beitrug, dass für diesen Bereich eine Heimat gefunden wurde. Ein Domizil und Zentrum der Philatelie wurde dieses Museum aber nicht. Dieser Gedanke wurde, heute vielleicht nicht leicht nachvollziehbar, schon in den ersten Monaten nach Kriegsende wieder aufgenommen. Dies bestätigte Dieter Brocks, Hamburg, jahrzehntelanges Kuratoriumsmitglied der Stiftung, wenn er ausdrücklich erklärt, dass das Haus der Philatelie schon so lang in der Diskussion sei, wie es den Bund Deutscher Philatelisten e. V. gibt, nämlich seit 1946. Dieser Willenserklärung folgte eine Planungsphase, bei der Anspruch und Wirklichkeit sich als harte Auseinandersetzung von Realitäten gegenüberstanden. Es bleibt der unabweisbare Verdienst des damaligen Präsidenten des BDPh, Dr. Heinz Jaeger, als eine seiner letzten Amtshandlungen in der Funktion als Stiftungs- Kuratoriumsvorsitzender, bei der zweiten Stiftungssitzung 1991 den Hinweis gegeben zu haben, in „dass es bei der derzeitigen Vermögenslage des Vereins und wegen der Gefahr der in Frankfurt in den nächsten Jahren zu erwartenden Mietsteigerungen für die Räume in der Mainzer Landstraße 221,223 (Anm.: damaliger Sitz der Stiftung) vielleicht vorteilhaft sei, für die Stiftung an einem anderen Ort ein geeignetes Domizil zu suchen“.
Die Wende kam erst mit einem neuen Gedankenansatz, den Michael Adler in die Stiftung einbrachte, nämlich statt eines vielleicht umzubauenden oder aufwändig zu renovierenden Objektes einen Neubau “ nach Maß“ zu errichten. Aber auch hier gab es erst einmal Bedenken zu überwinden. So musste das Stadtplanungsamt Bonn ein Unbedenklichkeit-Gutachten erstellen, mit Blick auf ein 1500 m² großes Grundstück an der Mildred Scheel Str. in Bonn, galt es die Bedenken des Bundes und der Landesentwicklungsgesellschaft NRW zu zerstreuen und zu klären, ob ein Bebauungsplan aufzustellen sei. Die Stadt wiederum äußerte den Wunsch nach einem „kleinen Gestaltungswettbewerb unter einigen Bonner Architekten“, aber auch den Vorschlag, den Bauauftrag letztlich an ein Bonner Unternehmen zu vergeben.
Mildred-Scheel-Straße – ein Anfang der 90-Jahre auf Stadtplänen nicht zu findender Name. Eine kleine Straße, nur wenige 100 m vom Bundesministerium für Post-und Telekommunikation am Robert-Schumann-Platz/H-von-Stefan-Str. gelegen, beinah idyllisch, etwas abseits und dennoch mit guter Anbindung zu Verkehrswegen wie Autobahn, Bus-und U-/Straßenbahn.
In der Sitzung vom 17./18 März 1993 in Bonn beschloss das Stiftungskuratorium den umgehenden Kauf des Grundstückes, die Vorbereitung eines Architekten-Wettwerbs und die Planung der Baumaßnahmen. Dieses Vorhaben wurde in der Stiftungssitzung vom 1./2. September des gleichen Jahres noch einmal einstimmig bekräftigt. Ende September 1993 wusste der Informationsdienst der Stadt Bonn dann auch zu bestätigen, dass das „Haus der Philatelie und Postgeschichte“ (hier taucht erstmalig der künftige vollständige Titel auf) seine endgültige Bleibe in unmittelbarer Nähe des Bundesministeriums für Post-und Telekommunikation gefunden habe. Die Einrichtung soll “ als Stätte gemeinsamer Veranstaltungen und als Ort für nationale und internationale Begegnung der Philatelisten und Posthistoriker dienen. Philatelistische Dokumente, die sich im Besitz der Stiftung befinden oder als Dauerleihgabe zur Verfügung stehen, sollen hier untergebracht werden und soweit wie möglich Briefmarkenfreunden und anderen Interessenten zugänglich sein.“
Die Eröffnung des Hauses für Sammler, dass „Haus der Philatelie und Postgeschichte“ fand am 26. Juni 1998 in Bonn, Mildred-Scheel-Str. 2 statt.
Quelle: Von der Idee zur Wirklichkeit: Das Haus der Philatelie und Postgeschichte in Bonn, von W. Maassen